Was als Reaktion auf die Einschränkungen während der Coronapandemie entstanden ist, wird an der vhs Krefeld nun wegen entsprechender Nachfrage fortgesetzt: Deutschkurse, die komplett online stattfinden. Das vhs-Lernportal bildet die Basis für einige dieser Kurse.
In der heutigen Stunde dreht sich alles um "Ämter und Behörden"
Freitagabend, 18.30 Uhr. Während andere ins Wochenende starten, geht es für Isabell, Vanessa, Paulina, Natalia und Fatma jetzt noch ans Lernen. Die fünf Frauen besuchen einen Deutschkurs an der vhs Krefeld, der ausschließlich online stattfindet. Jeden Freitag treffen sie sich nicht im Kursraum, sondern virtuell in einer Videokonferenz. Heute geht es in dem Kurs auf A2-Niveau um das vermeintlich typisch deutsche Thema „Ämter und Behörden“.
Pandemie-Konzept fortgesetzt
„Entstanden ist das Kursangebot nach den Erfahrungen der Coronapandemie“, erklärt Wojciech Cichon, der an der vhs den Programmbereich Deutsch als Zweitsprache leitet. Ende 2020 waren dort die ersten Online-Deutschkurse für Einsteiger*innen angeboten worden. Und obwohl viele nach zwei Jahren Pandemie froh waren, sich endlich wieder in „echt“ in einem Raum vor Ort treffen zu können, gab es doch weiterhin Nachfrage nach den reinen Online-Kursen.
Flexibles Lernen
Die 28-jährige Isabell beispielsweise ist Mutter eines kleinen Kindes. Sie würde es gar nicht schaffen, einen Präsenzkurs zu besuchen. Bei diesem Online-Kurs kann sie immer dann lernen, wenn sie gerade Zeit hat – am Abend oder wenn ihr Kind Mittagsschlaf macht. Denn der Kurs ist ein Mix aus Selbstlernphasen mit dem vhs-Lernportal und der einstündigen Videosession am Freitagabend.
Sie braucht zum Lernen auch keinen Computer, sondern kann ihr Smartphone nutzen. „Ich lerne jeden Tag eine halbe Stunde mit dem Handy“, sagt sie und wirkt dabei zufrieden und stolz darauf, dass sie das schafft. Ihre Dozentin Maia Javakhidze gibt ihr und den anderen jede Woche kleine Aufgabenpäckchen im vhs-Lernportal, die sie in der Zeit zwischen den Online-Treffen selbstständig bearbeiten.
Vereinbarkeit mit dem Beruf
Auch für die anderen lässt sich das Online-Format gerade besser in ihren Alltag integrieren. Natalia arbeitet viel und braucht die Flexibilität, die der Kurs ihr bietet. Sie baut immer wieder kurze Lernsessions von 10 bis 20 Minuten in ihren Tag ein, wenn es gerade passt. Sie findet vor allem die vielen unterschiedlichen Übungen und Wiederholungen im Lernportal gut. Seit rund sieben Monaten ist sie schon im Online-Kurs und hat, weil es ihr so gut gefällt, ihre Freundin Paulina ermutigt, sich ebenfalls anzumelden. Auch ihr fehlt neben der Arbeit die Zeit für einen regulären Kurs. Denn zur Unterrichtszeit käme ja auch noch die Anreise hinzu. So viel Zeit hat sie momentan nicht übrig.
Lerngruppe als Motivator
Alle drei Frauen haben bereits mit einem A1-Kurs im Online-Format begonnen und sind der Gruppe und ihrer Dozentin in den letzten Monaten treu geblieben. „Der persönliche Kontakt zur Dozentin und die Einbindung in eine Lerngruppe sind wichtig, um die Motivation aufrechtzuerhalten“, meint auch Cichon. Bei reinem Selbstlernen mit dem vhs-Lernportal hätten einige sicherlich schon aufgegeben, vermutet er.
Unkomplizierter Zugang zum Lernportal
Das Kursformat funktioniere besonders gut bei kleinen Kursen. Sechs bis zwölf Teilnehmende seien ideal, so Cichon. Er legt jeweils den Kurs im Vorfeld an und sendet den Teilnehmenden eine Anleitung und den Kurscode zu, sowie für den Notfall die Kontaktdaten der Dozenten, falls es Schwierigkeiten bei der Anmeldung geben sollte. Auf diese Nothilfe kommen aber laut Maia Javakhidze nur wenige zurück. „Die Teilnehmenden bekommen das meist unkompliziert selbst hin. Dabei helfen auch die verschiedenen Sprachversionen“, meint sie.
vhs-Lernportal als Rahmen des Kurses
Die virtuelle Unterichtsstunde startet mit einem Video aus dem vhs-Lernportal.
Ein großer Vorteil des vhs-Lernportals sei, so Cichon, dass es „den Teilnehmenden und der Lehrkraft eine fertige Lernumgebung als Rahmen vorgibt“. Für jeden Kurs gibt es einen eigenen digitalen Kursraum, in dem zum Beispiel an einer Pinnwand Nachrichten und Termine hinterlassen werden können. Die Lektionen orientieren sich am Curriculum der Integrationskurse und sind stringent aufgebaut, sodass Lehrkräfte logisch aufeinander aufbauende Übungen finden. Auch Maia Javakhidze schätzt im vhs-Lernportal vor allem den großen Pool an fertigem Material. „Das Lernportal ist für uns Lehrkräfte eine große Erleichterung, es gibt dort so viele Arten von Übungen.“ Für die Selbstlernphasen gibt sie ihren Teilnehmenden ausschließlich Aufgaben aus dem vhs-Lernportal, die diese komplett selbstständig bearbeiten können. Zu den meisten Übungen gibt es dann auch direkt eine automatische Korrektur. So sehen die Lernenden, selbst wenn sie nachts lernen, was schon gut klappt und wo sie wiederholen müssten.
Neue Themen in der virtuellen Stunde
Bei den Online-Treffen ist, nach ein bisschen Smalltalk, dann Zeit, offene Fragen zu klären, die Grammatik zu erläutern oder in ein neues Thema einzuführen. Dazu nutzt Javakhidze sowohl ein Lehrwerk als auch das vhs-Lernportal. Sie teilt dann zum Beispiel ihren Bildschirm, um ein Video oder Aufgaben zu zeigen.
So auch in der heutigen Stunde zu „Ämtern und Behörden“: Diese startet mit Lektion 4 aus dem A2-Deutschkurs. Zunächst schauen sich alle gemeinsam das Video an, das ins Thema einführt, weiter geht es mit Verständnisfragen und Vokabelerläuterungen. Dann lösen die Teilnehmerinnen reihum im Plenum die verschiedenen Aufgaben oder lesen Dialoge mit verteilten Rollen und trainieren so die zum Teil komplizierten Behördennamen und die entsprechenden Redemittel: „die Geburt melden“, „eine Arbeitserlaubnis beantragen“, „ein Auto anmelden“ … Das klappt schon sehr flüssig, nur bei „Kfz-Zulassungsstelle“ stolpern sie dann doch ein wenig. Schnell ist selbst an einem Freitagabend eine Deutschstunde im Flug vergangen. Für die nächste Woche gibt es noch Aufgabenpakete zum Weiterüben.
Das Kurs-Format im Überblick
- Umfang
28 UE, davon sieben Zeitstunden Videosession am Freitagabend, restliche Zeit für selbständige Bearbeitung der Aufgaben im vhs-Lernportal - Ideale Teilnehmerzahl
6–12 - Zielgruppe
Menschen mit beruflichen oder familiären Verpflichtungen, ab Anfänger*innen-Niveau möglich - Videokonferenztool
Für Anfänger*innen möglichst ein sehr einfaches Tool nutzen und jeweils aktuell den Videolink versenden; es reichen Konferenzfunktion und die Möglichkeit, den Bildschirm zu teilen.